02.12.2020

Strahlentherapie in Bangladesch - eine Erfolgsgeschichte

Dr. Martina Treiber engagiert sich als Ärztin nahezu in der ganzen Welt. Lesen Sie ihre Geschichte:

„Arzt sein legt man nie ab, das ist man immer von ganzem Herzen.“ Das ist meine Lebenseinstellung und so war ich bereits in nahezu der ganzen Welt unterwegs: von Afrika über Qatar bis nach Indien.


Auf Einladung von Herrn Prof. Dr. Golam Abu Zakaria und Frau Prof. Dr. Hasin Anupama Azhari reiste ich 2016 erstmalig nach Dhaka, Bangladesch und war beeindruckt. Das Bangladesch eines der niedrigsten Bruttosozialprodukte der Welt aufweist ist kein Geheimnis, umso höher muss die seit Jahren ersichtlich Anstrengung der Regierung, non-governmental organizations (NGOs) und privater Investoren zur Verbesserung des Gesundheitssystems gewertet werden. Bei aller Problematik und weiterhin hoher Sterblichkeit durch Infektionskrankheiten und Unfällen ist den Verantwortlichen im Gesundheitswesen bewusst, dass die Anzahl der Patienten mit Tumorerkrankungen (auch durch die inzwischen deutlich angestiegene durchschnittliche Lebenserwartung) massiv zunimmt und adäquate Behandlungsmethoden entsprechend an Bedeutung gewinnen.


Bei der der Behandlung von Tumorpatienten ist eine ausgeprägte interdisziplinäre Zusammenarbeit von Nöten. Sie besteht oft aus der Kombination von Chirurgie, medikamentöser Therapie (Chemotherapie) und Bestrahlung. In der Krebsbehandlung mittels Strahlentherapie werden aber nicht nur große Investitionen benötigt, sondern ebenso immenses Knowhow. Genau an diesem Punkt setzt die Arbeit von Prof. Zakaria und Frau Prof. Azhari an. Es genügt nicht teure, moderne Strahlentherapiegeräte anzuschaffen, es müssen auch die korrekten Rahmenbedingen geschafften werden. Es benötigt nicht nur gut ausgebildete Fachärzte für Strahlentherapie sondern es muss das Bewusstsein geschaffen werden, dass diese Technik zum einen regelhaft durch speziell ausgebildete Medizinphysiker auf die korrekte Anwendung überprüft werden muss und zum Anderen auch das Fachwissen der Medizinphysiker ganz neue Entwicklungen in der Bestrahlungstechnik erlaubt, die das medizinische Wissen der Arztes optimal ergänzen und somit den Effekt der Behandlung um ein vielfaches verbessern bei gleichzeitig schonenderer Anwendung der Bestrahlung.


Ich habe meine Aufgabe in Bangladesch nicht nur in den medizinischen Fachvorträgen und in der Weiterbildung der Kollegen vor Ort gesehen, sondern insbesondre auch in der Vermittlung der Wichtigkeit dieser engen Verzahnung von medizinischem und physikalischem Wissen. Eine Bestrahlungsbehandlung ist absolut individualisiert. State-of-the-art Bestrahlungspläne können nur dank modernster technischer Möglichkeiten erstellt und realisiert werden. Die mathematischen und technischen Voraussetzungen gehen weit über die medizinische Ausbildung hinaus. Deshalb ist es erforderlich, dass Physiker und Ärzte zusammen den Behandlungsplan erstellen.


In Treffen mit Regierungsvertretern habe ich erläutert, dass es zudem sehr wichtig ist ein unabhängiges Kontrollsystem für die Bestrahlungseinheiten aufzubauen, so dass sie lückenlos überwacht werden. In Deutschland gibt es genaue gesetzliche Vorschriften, die festlegen in welcher Weise und wie oft ein Bestrahlungsgerät überprüft werden muss und das dies zu dokumentieren (z.B. in Protokollen zum Tages-, Monats und Jahrescheck) ist. Unter anderem wird anhand dieser Aufzeichnungen dann durch unabhängige, von der Regierung eingesetzte Gutachter geprüft, ob der technische und der medizinische Standard korrekt eingehalten wurde. Da ich diese Prüfungen in Deutschland selbst durchführe war es mein Anliegen eine an die örtlichen Gegebenheiten angepasste Struktur zu vermitteln ohne Qualitätsabstriche zuzulassen.


Genau hier setzt insbesondre die Arbeit von Frau Prof. Azhari und der Bangladesh Medical Physics Society im Land selbst an. Es sollen in der Ausbildung der Physik-Studenten zum Medizinphysiker der gleiche hohe Standard erreicht werden wie bei uns in Deutschland. Bangladesch soll selbst seine Ärzte und andere Fachleute wie Medizinphysiker auszubilden, um unabhängig eine optimale Versorgung der Bevölkerung anbieten zu können.


Ich bin davon überzeugt, dass jegliche Art von Wissenstransfer in Entwicklungsländer nur dann wirklich sinnvoll ist, wenn es hierbei sich um keine Einmal-Aktion handelt und so besuchte ich im März 2018 Bangladesch erneut. Hierbei war es mir ein besonderes Anliegen neben wiederum der fachlichen Fortbildung durch Vorlesungen die bereits angestoßenen Prozesse in der Ausbildung und Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Physikern in ihrer Fortentwicklung zu sehen. Es zeigte sich, dass sich ein Bewusstsein dafür entwickelt hat, dass man eben nicht nur Ärzte für eine optimale Bestrahlungsbehandlung braucht, sondern auch Physiker. In diesem Punkt wird die seit Jahrzehnten geleistete immense Anstrengung von Prof. Zakaria greifbar, der zwar in Deutschland lebt, aber sein Heimatland nicht nur niemals vergessen hat, sondern im Gegenteil versucht sein Land mit allem ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten weiter voranzubringen.
Ich selbst empfinde meine Reisen neben dem beruflichen Einsatz immer auch als persönliche Bereicherung.

 

Es ist immer faszinierend und auch zum Teil überraschend zu sehen, wie gut auch unter schwierigen Rahmenbedingungen hohe medizinischen Qualität erreicht werden kann, wenn sich Menschen maximal einsetzten. Gerade in dieser Hinsicht ist Bangladesch sicher "eine Erfolgsgeschichte“. Wahrscheinlich kann aber nur wer die Menschen vor Ort kennt wirklich ermessen welch liebevolle Gastfreundschaft und tiefe Dankbarkeit ich für meinen Einsatz erleben durfte. Es war am Ende der Zeit in Dhaka ein schwerer Abschied und wie immer, wenn ich dann nach Deutschland zurückkomme und sehe, wie gut es uns hier geht, empfinde ich große Demut und bin einfach dankbar dafür wie gut die Versorgungsqualität in unserem Land ist.


Zu meiner Person:
Ich heiße Dr. Martina Treiber, habe Chemie und Medizin an der Universität Heidelberg studiert und war dort langjährig in der Klinik für Radioonkologie beschäftigt. Im Rahmen von ausländischen Kooperationen war ich in vielen Ländern als Ausbilderin tätig davon auch 3 Jahre als Leitung des Aufbaus einer spezialisierten Tumorklinik in Qatar. Ich bin jetzt als Chefärztin der Klinik für Radioonkologie des Caritasklinikums und als Medizinische Direktorin des MVZ (Medizinischen Versorgungszentrum) in Saarbrücken beschäftigt. Mein Arbeitgeber, die Caritas Trägergesellschaft Saarbrücken, unterstützt Auslandsprojekte in vorbildlicher Weise, so dass ich auch mit den sehr wichtigen Projekten verbunden bleiben kann.

CaritasKlinikum Saarbrücken St. Theresia Rheinstraße 2, D-66113 Saarbrücken (0681) 406-0 info@caritasklinikum.de
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