Seit zehn Jahren besteht die Klinik für Gefäßchirurgie als eigenständige Abteilung am CaritasKlinikum Saarbrücken. Chefärztin Dr. med. Ulrike Ossig und ihr Team behandeln auf dem Rastpfuhl eine stetig steigende Anzahl von Patienten. Ein Schwerpunkt ist die Operationen an der Halsschlagader zur Schlaganfall-Prävention.
Der 1. Oktober 2006 war ein Sonntag. Dr. Ulrike Ossig weiß das noch ganz genau, denn es war ihr erster Arbeitstag als Chefärztin der damals neu gebildeten Klinik für Gefäßchirurgie am CaritasKlinikum Saarbrücken. Weder eine Sekretärin noch Mitarbeiter hatte sie damals. „Ich kam morgens um zehn Uhr an und habe mich erstmal umgezogen“, erinnert sich die heute 54-Jährige. „Dann bin ich in die chirurgische Ambulanz und habe gesagt: ‚Hallo, hier bin ich. Wenn heute noch ein gefäßchirurgischer Notfall in die Ambulanz kommt, können wir diesen versorgen.‘“ Es sollte sich an dem Tag kein Notfall mehr ereignen. Ihren ersten Eingriff hatte Ulrike Ossig dann drei Tage später, am 4. Oktober.
Heute, zehn Jahre später, stehen der Medizinerin neben zwei Sekretärinnen auch drei Oberärzte, vier Assistenzärzte und drei Gefäßassistenten zur Seite. Und aus anfangs zwei Operations-Tagen in der Woche wurde mittlerweile ein eigener OP-Saal, der täglich der Klinik für Gefäß- und Endovascularchirurgie zur Verfügung steht Nach nur einem Jahr gab es schon tägliche Eingriffe. Rund 1.400 Operationen werden inzwischen jährlich durchgeführt.
Die Gefäße sind von zentraler Bedeutung für die Versorgung des menschlichen Körpers mit lebensnotwendigen Stoffen. Risiko-Faktoren wie Rauchen, hoher Blutdruck, Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen können zu den folgenreichen Ablagerungen in den Gefäßen führen, der Arteriosklerose. Bedingt durch die demografische Entwicklung werden die Menschen immer älter – die Klientel der Gefäßchirurgie wird dementsprechend immer mehr. Einer der Hauptschwerpunkte von Dr. Ulrike Ossig und ihrem Team ist dabei die Operationen an der Halsschlagader. Eine Verengung ist die Ursache für rund die 29 Prozent aller Schlaganfälle, von denen sich allein im Saarland jährlich rund 3.500 ereignen.
Über die Grenzen der Klinik hinaus bekannt ist der Einsatz von Quietsche-Entchen. Bei der Operation an der Halsschlagader nur mit örtlicher Betäubung wird bei der Abklemmung der Halsschlagader die Durchblutung der gleichseitigen Gehirnhälfte durch das sogenannte Wachneuromonitoring, die Quietsche-Ente überprüft. Wenn der Patient das Quietsche-Entchen in der gegenseitigen Hand nach Abklemmen der Halsschlagader noch drücken kann, dann wird die betroffene Gehirnhälfte ausreichend über Umgehungskreisläufe durchblutet, ist kein Drücken mehr möglich, erfolgt die Einbringung eines sogenannten Shunt-Röhrchens, das sozusagen in der Abklemmphase das Blut in das Gehirn transportiert. Da das Shunt-Röhrchen Schäden an der Gefäßwand verursachen kann, möchte man dies nur verwenden, wenn es absolut nötig ist, also der Patient neurologische Auffälligkeiten zeigt.
„Die Quietsche-Entchen sind mittlerweile Kult“, sagt Ossig und zeigt auf die Sammlung, die Mitarbeiter von überall her mitgebracht haben. Inzwischen wurden spezielle Enten angeschafft, die der Patient später mit nach Hause nehmen darf. Seit 2010 haben auf diese Art und Weise über 500 Quietsche-Entchen das Caritas-Klinikum verlassen.
Ein weiteres Thema ist die Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden. „80 Prozent der chronischen Wunden entstehen durch Durchblutungs-Störungen der Venen oder Arterien“, erklärt Ulrike Ossig. „Würde man nur eine lokale Wundtherapie durchführen verändert sich auf Dauer nichts. Hier kommen wir ins Spiel.“
Zudem legt Ossig Zugänge für Dialyse-Patienten und versorgt Aorten-Aneurysmen und Krampfadern. Vor ihrer Zeit in Saarbrücken war die gebürtige Hohenloher-Fränkin als Oberärztin am Diakonieklinikum Schwäbisch-Hall und als Sektionsleiterin für Gefäßchirurgie am Diakoniekrankenhaus Mannheim tätig. Rückblickend sagt sie heute: „Ich habe bereits in der Ausbildung gemerkt, dass ich ein Gespür für die Gefäßchirurgie habe und das hat sich später noch verfestigt. Wenn ich heute nochmal entscheiden müsste, was ich machen will, würde ich alles wieder ganz genauso machen.“
In ihren zehn Jahren in Saarbrücken ist viel passiert. Seit 2011 ist die Klinik für Gefäßchirurgie separat im Bettenplan des Saarlandes ausgewiesen und nicht mehr als Schwerpunkt innerhalb der Klinik für Allgemein-, Viszeral, Thorax- und Tumorchirurgie. 2014 folgte die 3er-Zertifizierung als spezialisiertes Gefäßzentrum. „Die Klinik hat sich inzwischen etabliert“, fasst Dr. Ulrike Ossig stolz zusammen. Geplante bauliche Veränderungen werden auch in Zukunft dafür sorgen, dass Patienten auf dem Rastpfuhl nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen versorgt werden. Ossigs Ziel für die nächsten zehn Jahre ist es, den guten Ruf zu erhalten und auszubauen: „Wir haben hier ein sehr motiviertes und engagiertes junges Team, das ich gerne halten möchte.“ Ein Grund dafür ist sicherlich, dass es seit 2013 möglich ist, die volle Weiterbildung zum Gefäßchirurgen am CaritasKlinikum zu absolvieren. „Aber auch die Pflegekräfte sind toll“, betont die Chefärztin. „Hier arbeiten alle zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Denn allein schafft man es nicht.“
Info:
Zur Feier des 10-Jährigen Bestehens wird es am 3. Dezember von 11 bis 14 Uhr einen Patienten-Informationstag geben. Inhalte sind Vorträge über die Operation mit der Quitscheente und die Operationen an der Bauchschlagader geben. Abgerundet wird dieser Tag durch eine Simulation der Operationen mit Begehung des Operationssaales. Wir freuen uns auf einen regen Besuch.
3. Dezember 11 -14 Uhr Caritasklinikum Saarbrücken.
Text: Nele Scharfenberg
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